Sandra Dworack und Veronika Hilber sind die Sprecherinnen der Globalen Bildungskampagne in Deutschland (GBK). Die deutsche Koalition des weltweit aktiven zivilgesellschaftlichen Bündnisses GCE ist einer der Hauptpartner der GPE in Deutschland. Die Kampagne setzt sich dafür ein, dass alle Menschen ihr Recht auf eine gute, inklusive Bildung verwirklichen können.
Die Arbeit der GBK ist Teil von Sandra Dworacks Aufgabenfeld als Referentin Soziale Gerechtigkeit im Team Politik und Kampagnen bei Oxfam Deutschland. Veronika Hilber ist Referentin für politische Arbeit bei der CBM (Christoffel-Blindenmission) und setzt sich für inklusive internationale Zusammenarbeit ein.
1. Welche Fortschritte bei globaler Bildung sind für Sie besonders ermutigend und richtungsweisend?
In den letzten 20 Jahren haben wir eine historische Ausweitung der Grundbildung in den Entwicklungsländern gesehen. Viele Millionen Kinder mehr erhielten die Möglichkeit, zur Schule zu gehen, besonders Mädchen und Kinder aus einkommensschwachen Familien. Zugang zu Bildung schafft die Basis, damit Menschen sich ein selbstbestimmtes Leben frei von Armut aufbauen können.
Die weitgehende Abschaffung der Schulgebühren war hier ein entscheidender Schritt. Viele einkommensschwache Länder machen beeindruckende Fortschritte. Es zeigt sich, dass die Stärkung öffentlicher Bildungssysteme, die allen Kindern gebührenfrei zur Verfügung stehen, zentral für die Überwindung sozialer Ungleichheit ist.
Die Länder hierbei weiter zu unterstützen, öffentliche Systeme ausreichend zu finanzieren und auszubauen, bleibt eine große Aufgabe, um den Zugang zu Bildung für alle sicherzustellen, ausreichend Infrastruktur zu schaffen, genügend Lehrkräfte auszubilden und die Qualität des Unterrichts zu verbessern.
2. Für welche Gruppen ist der Zugang zu qualitativ hochwertiger und inklusiver Bildung noch immer eine Herausforderung? Wer ist in der aktuellen Krise besonders gefährdet?
Strukturell benachteiligte Kinder hatten es vor der Krise und haben es in der Krise weiterhin besonders schwer, Zugang zu Bildung zu erhalten. Sei es, dass finanzielle Mittel in ihren Familien knapp sind, um ihnen die Teilhabe an Bildungsangeboten zu ermöglichen. Sei es, dass es Vorurteile gegenüber ihrer Fähigkeit zu lernen oder der Notwendigkeit einer Ausbildung gibt, wie es häufig Kinder mit Behinderungen oder auch Mädchen betrifft.
Besonders herausfordernd wird es, wenn sich bei Kindern mehrere Risikofaktoren für Diskriminierung überschneiden. Gut ist, dass ein größeres Bewusstsein entstanden ist für den Nachhol- und Förderbedarf dieser und auch anderer Gruppen, wie zum Beispiel Kindern, die aus ihren Herkunftsländern fliehen mussten. Das ist der erste Schritt.
Ihnen die notwendige Unterstützung zukommen zu lassen erfordert jedoch mehr. Unter anderem individuelle Unterstützungsangebote, barrierefreie Schulinfrastrukturen und Lehrmittel, gut ausgebildete Lehrkräfte sowie die Bereitstellung der erforderlichen finanziellen Mittel.
3. Im Juli wird beim Weltbildungsgipfel (Global Education Summit) über die Finanzierung der Globalen Bildungspartnerschaft 2021-2025 diskutiert. Wie würde Ihrer Meinung nach ein angemessenes Engagement Deutschlands aussehen?
Als Globale Bildungskampagne haben wir einen „faire share“ für Deutschland berechnet: Gemessen am Bedarf der Partnerländer und an der Wirtschaftskraft Deutschlands, sollte die Bundesregierung jährlich 110 Millionen Euro als multilateralen Beitrag an die GPE leisten.
Dies wäre ein wichtiges Signal, dass Deutschland einkommensschwache Länder dauerhaft beim Ausbau ihrer Bildungssystem und bei der Bewältigung der Covid-19 Pandemie, die so dramatische Einschnitte für die Bildungschancen Millionen Kinder bedeutet, unterstützt. Wir fordern die Bundesregierung auf, eine ambitionierte Zusage zu machen, und sich hochrangig am Weltbildungsgipfel zu beteiligen.
Minister Müller hat wiederholt die Bedeutung von Bildung für Entwicklung unterstrichen, beim Bildungsgipfel kann er den Worten Taten folgen lassen und zum Champion für Bildung werden.